Innenansicht der Runge-Orgel in Döbbersen, Foto: Heiko Preller

Kleine und große Königinnen

Details unserer Orgeln

Wussten Sie, dass eine Orgel »lebt«?

Die Orgelspiele Mecklenburg-Vorpommern wecken die Orgeln, die zu den Konzerten „geschlagen“ werden, nach dem Winter wieder auf. Während der Wintermonate finden die Gottesdienste in der Regel nicht in der Kirche, sondern in einem beheizten Gemeinderaum o. ä., der sog. Winterkirche, statt. Entsprechend ruhen die Orgeln und werden nicht bespielt. Sie versinken in der kalten Kirche in den Winterschlaf. Unbemerkt nisten sich mancherorts sogar Mäuse, Fledermäuse, Käuzchen und Eulen in der Orgel ein. Mangels Nutzung „rosten“ Tasten und Züge ein und klemmen oder werden zumindest schwergängig: Die Orgeln haben „Heuler“ oder manche Pfeifen ertönen erst gar nicht mehr. Orgeln sind lebendige Mechanismen, deren Materialien u. a. auf Temperatur und Feuchtigkeit oder Trockenheit reagieren und auch darauf, nicht genutzt und in Betrieb gehalten zu werden. Die Orgeln sind nach dem Winter zumindest „verstimmt“.
Also muss rechtzeitig ein Orgelbauer her und die Orgeln warten und aus dem Winterschlaf holen und in Betrieb nehmen, so dass unsere Organisten*innen frei aufspielen und die Königinnen ihren Klang gebührend entfalten können.

"Die schönste Orgel unter den Landkirchen des Wismar’schen Amtes"

Orgel von Friedrich Wilhelm Winzer, 1868 in der Dorfkirche Proseken, Foto: Heiko Preller

Friedrich Wilhelm Winzer wurde 1811 in Mellenbach (Thür.) geboren. Den Orgelbau erlernte er bei Johann Friedrich Schulze in Paulinzella. Als Werkmeister Schulzes kam Winzer nach Wismar, um den großen Orgelneubau in der Marienkirche zu leiten. 1840 verlegte er seinen Wohnsitz nach Wismar und führte ab 1841 eine eigene Werkstatt. Zahlreiche, heute noch vorhandene, Orgeln baute er in Mecklenburg. 1873 verkaufte er die Werkstatt an Friedrich Albert Mehmel (Stralsund). Winzer starb 1886 in Wismar.

Ein Merkmal seiner Orgeln ist der ausgesprochen kräftige Klang. Winzer hatte das in ähnlicher Weise bei seinem Lehrmeister Johann Friedrich Schulze in Paulinzella kennengelernt. Die Orgel in Proseken gehört zu den letzten und reifsten Instrumenten aus der Werkstatt Friedrich Wilhelm Winzers und ist ein sehr klangvielfältiges Instrument, auf dem Orgelmusik vieler Epochen gespielt werden kann. Die Orgel ist unverändert erhalten. Lediglich die 1917 abgegebenen Prospektpfeifen wurden 1929 ersetzt. In einer letzten Restaurierungsetappe durch Andreas Arnold (Plau) 2019 wurden der große Magazinbalg, die Klaviaturen und das Pfeifenwerk restauriert.

Der Orgelrevisor Massmann (Wismar) bescheinigte 1903: „Die Orgel, welche 1868 von Winzer erbaut wurde, ist die schönste unter den Landkirchen des Wismar’schen Amtes...“

Disposition: zwei Manuale, Pedal, mechanische Schleifladen, 19 Register

1. Manual / C-f3

  • Bourdun 16’              
  • Principal 8’                
  • Gemshorn 8’  
  • Hohlflöte 8’               
  • Octave 4’                   
  • Spitzflöte 4’              
  • Quintflöte 2 2/3’        
  • Octave 2’                   
  • Trompete 8’              

2. Manual / C-f3

  • Lieblich Gedact 8’    
  • Viola di Gamba 8’    
  • Flauto dolce 8’          
  • Harmonika 8’            
  • Flauto 4’                    

Pedal / C-c1

  • Subbaß 16’                
  • Violonbaß 16’           
  • Principalbaß 8’          
  • Gedactbaß 8’             
  • Posaune 16’               

Pedal=Coppel
Manual=Coppel

447 HZ bei 15 Grad Celsius
78 mm WS

Sie hören die Orgel in diesem Konzert.

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