Wussten Sie, dass eine Orgel »lebt«?
Die Orgelspiele Mecklenburg-Vorpommern wecken die Orgeln, die zu den Konzerten „geschlagen“ werden, nach dem Winter wieder auf. Während der Wintermonate finden die Gottesdienste in der Regel nicht in der Kirche, sondern in einem beheizten Gemeinderaum o. ä., der sog. Winterkirche, statt. Entsprechend ruhen die Orgeln und werden nicht bespielt. Sie versinken in der kalten Kirche in den Winterschlaf. Unbemerkt nisten sich mancherorts sogar Mäuse, Fledermäuse, Käuzchen und Eulen in der Orgel ein. Mangels Nutzung „rosten“ Tasten und Züge ein und klemmen oder werden zumindest schwergängig: Die Orgeln haben „Heuler“ oder manche Pfeifen ertönen erst gar nicht mehr. Orgeln sind lebendige Mechanismen, deren Materialien u. a. auf Temperatur und Feuchtigkeit oder Trockenheit reagieren und auch darauf, nicht genutzt und in Betrieb gehalten zu werden. Die Orgeln sind nach dem Winter zumindest „verstimmt“.
Also muss rechtzeitig ein Orgelbauer her und die Orgeln warten und aus dem Winterschlaf holen und in Betrieb nehmen, so dass unsere Organisten*innen frei aufspielen und die Königinnen ihren Klang gebührend entfalten können.
Eine Ahnung von barockem Klang
Die Geschichte dieser Orgel wurde erst im vergangenen Dezennium vollständig an das Tageslicht gebracht Dank der Forschung des Rostocker Jan von Busch.
Es handelt sich um die für Hauptpastor Johann Friedrich Mayer an Hamburg-St. Jacobi 1694 erbaute Hausorgel, ein privater Auftrag an Arp Schnitger (Hamburg). Als Mayer 1701 nach Greifswald umzog – er wurde Pastor an St. Nikolai und Universitätsprofessor – nahm er diese Orgel mit. Jahrzehnte nach dem Tod des Eigentümers verkauften die Erben das Instrument nach Deyelsdorf. Christian Weldt, Orgelbauer in Grimmen, setzte es 1742 um.
1878 kam es zum einschneidenden Verlust der Schnitger-Substanz. Im Jahr, in dem die Veränderung an der Orgel in Wotenick geschahen, erhielt Mehmel den Auftrag, die Orgel in Deyelsdorf zu modernisieren. Vermutlich war sie bis dahin im Wesentlichen das Schnitger-Instrument geblieben. Es wäre zu umfangreich, aufzuzählen, was neu gebaut wurde, es macht Sinn, zu benennen, was von Schnitger überkommen ist: das wertvolle und in Schnitgers Oeuvre einzigartige Gehäuse und meisten Pfeifen in den Registern Gedact und Hohlflöte.
Allein dieser Bestand macht die Orgel einzigartig hierzulande. Die wenigen Register aus Schnitgers Werkstatt lassen den einstigen Barockklang erahnen.
Disposition: ein Manual, Pedal, mechanische Schleiflade, 7 Register
1. Manual / C-f3
- Principal 8‘
- Viola di Gamba 8‘
- Gedact 8‘
- Geigenprincipal 4‘
- Hohlflöte 4‘
- Quarte 2‘
Pedal / C-d1
- Subbaß 16‘
- PedalCoppel