Innenansicht der Runge-Orgel in Döbbersen, Foto: Heiko Preller

Kleine und große Königinnen

Details unserer Orgeln

Wussten Sie, dass eine Orgel »lebt«?

Die Orgelspiele Mecklenburg-Vorpommern wecken die Orgeln, die zu den Konzerten „geschlagen“ werden, nach dem Winter wieder auf. Während der Wintermonate finden die Gottesdienste in der Regel nicht in der Kirche, sondern in einem beheizten Gemeinderaum o. ä., der sog. Winterkirche, statt. Entsprechend ruhen die Orgeln und werden nicht bespielt. Sie versinken in der kalten Kirche in den Winterschlaf. Unbemerkt nisten sich mancherorts sogar Mäuse, Fledermäuse, Käuzchen und Eulen in der Orgel ein. Mangels Nutzung „rosten“ Tasten und Züge ein und klemmen oder werden zumindest schwergängig: Die Orgeln haben „Heuler“ oder manche Pfeifen ertönen erst gar nicht mehr. Orgeln sind lebendige Mechanismen, deren Materialien u. a. auf Temperatur und Feuchtigkeit oder Trockenheit reagieren und auch darauf, nicht genutzt und in Betrieb gehalten zu werden. Die Orgeln sind nach dem Winter zumindest „verstimmt“.
Also muss rechtzeitig ein Orgelbauer her und die Orgeln warten und aus dem Winterschlaf holen und in Betrieb nehmen, so dass unsere Organisten*innen frei aufspielen und die Königinnen ihren Klang gebührend entfalten können.

Ein Frühwerk von Carl August Buchholz

Orgel von Carl August Buchholz, 1828 in der Dorfkirche Pütte, Foto: Heiko Preller

Der Berliner Orgelbauer Carl August Buchholz gehörte zu seiner Zeit zu den besten seiner Zunft. Viele Gesellen machten auf den Wanderschaften bei ihm Station. Buchholz war gleichermaßen konservativ und modern. In der technischen Anlage war ihm der barocke Orgelbauer Joachim Wagner aus Berlin Vorbild gewesen.

Die Orgel in Pütte gehört zu den frühen Werken aus der Werkstatt Buchholz. Ihre Disposition des Hauptwerks und des Pedals erinnern an das 18. Jahrhundert. Es gibt keine Koppel des Manuals in das Pedal, was zunächst verwundert. Das ist jedoch ganz traditionell und wurde durch ein kräftiges Pedal (Posaune 16‘) und ein hochliegendes Register (Principal 4‘) wie in einer Barockorgel ausgeglichen.

Neu und vermutlich hier zum ersten Mal ist die Disposition des zweiten Manuals. Dort finden sich die leisen Stimmen, die üblicherweise in ein vollständiges I. Manuals gehörten. Buchholz führte sie aus und bildete ein leiseres zweites Werk, ein Echo- oder Pianowerk, wie es im ganzen 19. Jahrhundert üblich wurde. Im I. Manual gab es in der ursprünglichen Disposition in der 8-Fuß-Lage nur den kräftigen Principal 8‘. Das war den Organisten späterer Jahrzehnte trotz des Klangvorrates im II. Manual Anlass, ein Register hinzufügen zu lassen.

Bei der großen Innenraumgestaltung setzte Fr. Albert Mehmel (Stralsund) die Orgel 1880 auf eine neue Empore und baute zusätzlich die Hohlflöte 8‘ in das I. Manual. Er erneuerte die Pedal- und Manualklaviaturen, Teile der Pedalwindladen und baute neue Kastenbälge. Bei einer umfassenden Restaurierung durch Gottfried Schmidt (Rostock) 2013-2015 blieb der durch Mehmel geschaffene Zustand erhalten.

Disposition: zwei Manuale, Pedal, mechanische Schleiflade, 14 Register

1. Manual / C-f3

  • Bourdun 16‘
  • Principal 8‘
  • Hohlflöte 8‘
  • Octava 4‘
  • Quinta 2 2/3‘
  • Superoctava 2‘
  • Mixtur 3fach

2. Manual / C-f3

  • Viola da Gamba 8‘
  • Gedact 8‘
  • Rohrfloete 4

Pedal / C-d1

  • Subbaß 16‘
  • Violone 8‘
  • Principal 4‘
  • Posaune 16‘

 

  • Manualcoppel
  • Ventil Pedal
  • Ventil Manual
  • Evacuant
  • Calcantenglocke

Sie hören diese Orgel in diesem Konzert.

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