Innenansicht der Runge-Orgel in Döbbersen, Foto: Heiko Preller

Kleine und große Königinnen

Details unserer Orgeln

Wussten Sie, dass eine Orgel »lebt«?

Die Orgelspiele Mecklenburg-Vorpommern wecken die Orgeln, die zu den Konzerten „geschlagen“ werden, nach dem Winter wieder auf. Während der Wintermonate finden die Gottesdienste in der Regel nicht in der Kirche, sondern in einem beheizten Gemeinderaum o. ä., der sog. Winterkirche, statt. Entsprechend ruhen die Orgeln und werden nicht bespielt. Sie versinken in der kalten Kirche in den Winterschlaf. Unbemerkt nisten sich mancherorts sogar Mäuse, Fledermäuse, Käuzchen und Eulen in der Orgel ein. Mangels Nutzung „rosten“ Tasten und Züge ein und klemmen oder werden zumindest schwergängig: Die Orgeln haben „Heuler“ oder manche Pfeifen ertönen erst gar nicht mehr. Orgeln sind lebendige Mechanismen, deren Materialien u. a. auf Temperatur und Feuchtigkeit oder Trockenheit reagieren und auch darauf, nicht genutzt und in Betrieb gehalten zu werden. Die Orgeln sind nach dem Winter zumindest „verstimmt“.
Also muss rechtzeitig ein Orgelbauer her und die Orgeln warten und aus dem Winterschlaf holen und in Betrieb nehmen, so dass unsere Organisten*innen frei aufspielen und die Königinnen ihren Klang gebührend entfalten können.

Ein interessantes Frühwerk von Friedrich Friese (III)

Orgel Friedrich Friese (III), 1865 in Beidendorf. Foto: Heiko Preller

Auch diese Friedrich-Friese (III)-Orgel ist außergewöhnlich in dessen Schaffen und stellt ein interessantes Frühwerk Frieses dar. Mit zwei Manualen ist sie für eine mecklenburgische Dorfkirche opulent gestaltet. Auch die Disposition scheint wie aus einer anderen Zeit zu sein: kein Streichregister im Hauptwerk, eine Zwei-Fuß-Stimme im Oberwerk, großzügige Manualumfänge bis f3.

Die Substanz der Orgel ist vollständig erhalten, obwohl Edmund Bruder nach 1892 im Oberwerk eine neue Flöte 8’ eingebaut und das vormalige Register entfernt hatte. 2012/13 wurde eine umfassende Restaurierung durch Christian Scheffler (Sieversdorf) durchgeführt. Da es an keiner Stelle in der Orgel originale Registerbeschriftungen gab und kein Abnahmeprotokoll existiert, konnte nur spekuliert werden, welches Register Friese an die vierte und vorderste Stelle des Oberwerks geplant hatte. In der Woche nach der Orgelweihe entdeckte der Leiter des Mecklenburgischen Orgelmuseums Malchow, Friedrich Drese im Bestand des Orgeldepots seines Hauses das originale Beidendorfer Flötenregister. Dass es das richtige sein musste, erschloss sich mit der Übernahme der Flöte von E. Bruder in das Depot. Dort tauchten unter dem Inventar «Russow» eine ebensolche Flöte und dazu die Flöte 2’ aus der Werkstatt Frieses auf, die bisher keinem Originalplatz zugeordnet werden konnte. Edmund Bruder hatte sie um das Jahr 1892 nach dem Ausbau aus Beidendorf in die Russower Orgel eingesetzt, von wo sie 2009 in das Orgeldepot gewandert war.

Disposition: zwei Manuale, Pedal, mechanische Schleifladen, 15 Register

1. Manual / C-f3

  • Bordun 16’
  • Principal 8’                
  • Doppelflöte 8’           
  • Gedact 8’
  • Octave 4’
  • Quinte 2 2/3’             
  • Octave 2’
  • Mixtur 3fach (Terzmixtur)

2. Manual / C-f3

  • Liebl. Gedackt 8’
  • Salicional 8’
  • Rohrflöte 4’
  • Flöte 2’

Pedal / C-c1

  • Subbass 16’
  • Violon 8’
  • Bassflöte 8’

Manualkoppel
Pedalkoppel (I-P)

Sie hören diese Orgel in diesem Konzert.

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